Rechtliche Basis

Eine weitere Grundlage für die Gestaltung unseres Systems fanden wir im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. In unseren Augen existieren deutliche Widersprüche zwischen einigen Artikeln des GG und den reell existierenden Machtstrukturen unseres Staates:

1) Widerspruch zwischen Art. 38 Abs 1 Satz 2 GG und §6 BWG
Artikel 38 - Absatz 1 lautet: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ Nach unserer Interpretation besteht das ganze Volk aus allen in diesem Staate lebenden Personen, zumindest jedoch aus allen Wahlberechtigten, welche die Abgeordneten mittels ihrer Wahl legitimieren. Da ein einzelner gewählter Abgeordneter einzig Vertreter seiner Wähler ist, lässt sich obenbeschriebener Anspruch nur erfüllen, indem die Gemeinschaft aller Abgeordneten gemeint ist. Hieraus ergibt sich in unseren Augen der Widerspruch zu Einschränkungen wie der Fünf-Prozent-Klausel (§6 BWG), wodurch Vertreter bestimmter Teile des Volkes ausgeschlossen werden. Reell existierende Abgeordnete vertreten daher aus unserer Sicht nicht das ganze Volk, sondern nur den Teil des Volkes, dessen Wahl auf eine der vertretenen Parteien fiel.
2) Widerspruch zwischen Art. 38 Abs 1 Satz 2 GG und „Fraktionszwang“
Nach Artikel 38 - Absatz 1 - Satz 2 wird gesagt, dass Abgeordnete „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ seien. Das reelle Abstimmungsverhalten der Abgeordneten in den deutschen Parlamenten unterliegt jedoch fast ausschließlich der Parteidisziplin. Dieser Konflikt ist schon seit langem bekannt und wird, je nach Blickwinkel des jeweils Argumentierenden, auf verschiedenste Weise begründet. Die hauptsächlich vertretene Argumentationslinie zur Begründung des Fraktionszwangs beruft sich auf das im Grundgesetz erwähnte Gewissen, welches ja genau der Parteimeinung entspräche (schließlich sei man Mitglied dieser Partei). Verhält sich ein Abgeordneter nicht gemäß dem Fraktionszwang, so steht es zum gegenwärtigen Zeitpunkt der entsprechenden Partei frei, diesen Abgordneten zu maßregeln, was im Extremfall zum Parteiausschluss des Abgeordneten führen kann. In unseren Augen verstößt diese Ansicht jedoch gegen Artikel 4 Absatz 1: Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“ Eine Unverletzlichkeit des Gewissens eines Abgeordneten impliziert nach unserer Interpretation ein Verbot sämtlicher disziplinarischer Maßnahmen, die sich durch die Anwendung des Gewissens ergeben könnten.
3) Unklarheit des Art. 65 Sätze 1-2 GG in Bezug auf Art. 46 Abs 1 GG
Beim Lesen der ersten zwei Sätze des Artikel 65: „Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung.“ stellte sich uns die Frage, auf welche Definition von Verantwortung sich die Verfasser des Grundgesetzes beim Schreiben dieser Sätze bezogen hatten. Insbesondere in Bezug auf den Artikel 46 - „Immunität von Abgeordneten“ des GG stellen sich mehrere Fragen: Ist nur ein Bundeskanzler, der auch Abgeordneter ist, immun; exitieren also zwei Qualitäten von Bundeskanzlern? Kann eine Person, die Immunität bzgl. ihrer politischen Tätigkeiten genießt, tatsächlich „Verantwortung“ übernehmen, d.h. zur Verantwortung gezogen werden?

Trotz der obenaufgeführten Punkte, die nach unserer Interpretation gewisse Unklarheiten und Widersprüche enthalten, bieten sich die Grundsätze (Art. 1 - 19) und einige weitere ausgewählte Artikel des GG für die Erstellung einer rechtlichen Basis für das JSZ an.

Der Anker unseres Konzeptes ist Artikel 38 GG. Der dort Erwähnung findende Aspekt der Vertretung des ganzen Volkes durch die Abgeordneten ist nach unserer Ansicht einer der Grundpfeiler einer repräsentativen Demokratie. Hieraus ergeben sich für uns die ersten Anforderungsdefinitionen:

Der Artikel 46 „Immunität von Abgeordneten“ des GG definiert in seinem ersten Absatz Umfang und Art der Immunität, derer sich Abgeordnete bei ihrer parlamentarischen Arbeit sicher sein können. Innerhalb von Kommentaren zum Grundgesetz wird in Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 1 GG statt des Begriffes der „Immunität“ vielfach „Indemnität“ ( = Unverantwortlichkeit ) verwendet [BGGK_1991][KGG_1976]. Die Indemnität von Abgeordneten ist jedoch einzig im Sinne der persönlichen Strafausschließung zu interpretieren [BGGK_1991], nicht als „Freifahrtschein“ für verantwortungsloses Handeln. Dies ist in unseren Augen auch sinnvoll, schließlich ist Vertrauen nur gegenüber Personen möglich, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und sich demgemäß dieser verhalten. Aus dieser Ansicht definieren wir die nächste Anforderung:

Aus der Interpretation des Gleichheitssatzes (Art. 3 GG) ergibt sich der Anspruch, jedem Wähler das gleiche Stimmgewicht zu geben:

Begriffsdefinition Inhalt Jede Stimme Zählt

©1998 by Andreas Fahrig & Christian Stamm